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Exkursion in das frühe KZ Börnicke bei Nauen und das KZ Sachsenhausen

Der 29.05.2018 war für die Schüler/innen des Schülerrates sowie für unsere besonders geschichtsinteressierten Schüler ein emotional äußerst aufwühlender Tag. Gemeinsam mit Frau Bruder, Frau Soyka, Herrn Czaplicki und Herrn Dr. Mueller, dem Vorsitzenden des Humanistischen Freidenker Bundes Havelland e.V., unternahmen die Schüler/innen nämlich eine Exkursion in das frühe KZ Börnicke bei Nauen und das KZ Sachsenhausen.

Die erste Destination stellte das frühe KZ Börnicke bei Nauen dar.

Viel ist von der ehemaligen Folter- und Todesstätte, die vom Mai bis zum Juli 1933 existierte und von der Sturmabteilung (SA) in einer einstigen Zementfabrik eingerichtet sowie als Wehrsportschule betrieben wurde, nicht mehr übrig. Intakt ist lediglich das ehemalige Wohn- und Verwaltungshaus der SA-Standarte 224. Die Baracken, in denen vor allem SPD- sowie KPD-Mitglieder als auch andersdenkende Gemeindevertreter und Stadtverordnete sowie vereinzelt Juden inhaftiert waren, existieren nicht mehr. Einzig im Boden eingelassene Markierungen verraten ihre Standorte.

Plastisch schilderte Herr Dr. Müller den Schülern, wie grausam und inhuman die zu Unrecht gefangenen Menschen, die insbesondere aus Nauen und Ketzin stammten, dort misshandelt wurden. Nachdem man sie ohne jegliches Strafverfahren entführte, haben sie die SA-Aufseher mit Hundepeitschen und dem Ochsenziemer „Willkommen geheißen“. Die Verhöre fanden zumeist nachts im Vernehmungsraum statt, wobei die Häftlinge von den SA-Männern gefoltert bzw. bewusstlos geschlagen wurden. Daneben wurden die Insassen zum Wegebau sowie Forstarbeiten und zum Ausbau der dortigen SA-Gruppenführerschule eingesetzt. Geschlafen haben die Häftlinge dichtgedrängt auf dem Stroh bedeckten Boden einer Baracke. Decken und Wäsche besaßen sie nicht. Von den insgesamt ca. 140 Häftlingen, kamen zehn Menschen im KZ Börnicke infolge der brutalen Torturen ums Leben Vernehmungsraum und weitere an den Folgen der Qualen, die sie dort erleiden mussten.

Das KZ Börnicke wurde aufgelöst, weil sich einige Anwohner über die Schreie der leidenden Gefangenen beschwerten und Angehörige nach ihren inhaftierten Familienmitgliedern fragten. Am 26. Juni 1933 ordnete der Potsdamer Regierungspräsident Ernst Fromm die Auflösung des Lagers an. 79 Inhaftierte wurden in das KZ Oranienburg deportiert.

Die zweite Destination war der Besuch des KZ Sachsenhausen.

Das KZ Sachsenhausen, das 1936 entstand und bis zum Kriegsende 1945 existierte, war neben dem bayerischen KZ Dachau, das erste nationalsozialistische deutsche Konzentrationslager. Es befand sich nördlich von Berlin im Ortsteil Sachsenhausen der Stadt Oranienburg. Neben dem KZ Sachsenhausen existierte das KZ Oranienburg, das sich von 1933 bis 1934 in der Nähe des Stadtzentrums von Oranienburg befand. Das KZ Sachsenhausen nahm aufgrund seiner Nähe zur Hauptstadt eine Sonderrolle im KZ-System als Ausbildungsstätte für KZ-Kommandanten und SS-Standarten ein. Ab 1938 zentrale Verwaltung aller Konzentrationslager im NS-Machtbereich. Die Bauweise des KZ war panoptisch angelegt, d.h. es bildete ein gleichschenkliges Dreieck, damit die Häftlinge optimal überwacht bzw. vom Wachturm A durch ein einziges Maschinengewehr erreicht werden konnten, um sie bei Fluchtversuchen oder bei Aufständen ungehindert niederschießen zu können. Geschossen wurde ohne warnenden Anruf.

200.000 Menschen aus ca. 40 Nationen wurden schätzungsweise nach Sachsenhausen deportiert. Zunächst handelte es sich um politische Gegner des NS-Regimes, danach immer öfter um Juden, Homosexuelle, Sinti und Roma sowie sog. Asoziale, also insgesamt um jene Menschen, die von den Nationalsozialisten als rassisch und/oder sozial minderwertig betrachtet wurden. Die Zeugen Jehovas wurden wegen ihrer Ablehnung des Militärdienstes vermehrt inhaftiert. Ab 1939 wurden auch die Bürger der besetzten europäischen Staaten u.a. in das KZ Sachsenhausen verschleppt. Zwischen 1941 und 1945 wurden u. a. mindestens 12.000 sowjetische Kriegsgefangene im Rahmen systematischer Vernichtungsaktionen mittels einer Massenerschießungsanlage umgebracht. Im KZ Sachsenhausen sollen insgesamt mehrere zehntausend Gefangene ermordet worden sein. Weitere Zehntausende kamen durch Hunger, Krankheiten, Zwangsarbeit, medizinische Experimente und Misshandlungen ums Leben.

Abschließend ist festzuhalten, dass eine genaue Dokumentation der Auswüchse an Inhumanität in der NS-Diktatur von unschätzbarem Wert ist, um im Alltag eine lebendige Erinnerungskultur an die Opfer des Holocausts und des Nationalsozialismus‘ insgesamt aufrechtzuerhalten. In einer Demokratie ist es unser aller Aufgabe zu tradieren, dass nicht vor allzu langer Zeit Kinder, Frauen und Männer - Menschen mit ihrer individuellen Lebensgeschichte, mit Gefühlen, Träumen und Wünschen - auf menschenverachtende sowie hinterhältige Art und Weise aus der Mitte der Gesellschaft gerissen wurden, um einen grausamen sowie sinnlosen Tod zu sterben.

Die Exkursion in die ehemaligen Konzentrationslager ist Teil einer Serie von aufklärerischen und medienwirksamen Veranstaltungen sowie Projekten der Heinz Sielmann Oberschule Elstal gegen Rassismus. Da sich unsere Oberschule in diesem Schuljahr um die Auszeichnung „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ bewirbt, wurden neben der unterrichtlichen Aufklärungsarbeit ein Schultheatertag gegen Rassismus, ein Kuchenbasar mit einer Spendenaktion für das künftige Schild am Schulhaus, der Aktionstag für gesundheitliche Aufklärung und gegen Homophobie, ein Besuch des Holocaust-Mahnmals in Berlin sowie des Denkmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas als auch eine Wanderausstellung über die frühen KZ in Brandenburg durchgeführt.


Morsch, G./ Ohm, A. (Hrsg.): Terror in der Provinz Brandenburg, Frühe Konzentrationslager 1933/34, Berlin 2014, S. 115-131.Quellen:

Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen - Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten (Hrsg.): Konzentrationslager Sachsenhausen (1936-1945), URL: http://www.stiftung-bg.de/gums/de/index.htm (letzter Zugriff: 02.06.2018)

Frühes KZ Börnicke: Herr Dr. Mueller vom Humanistischen Freidenker Bund Havelland e.V. schildert den Schülern die schrecklichen Geschehnisse, die etwa 140 unschuldigen Menschen auf diesem heute unscheinbaren Platz vom Mai bis Juli 1933 widerfahren sind.

Heute symbolisieren nur noch im Erdboden eingelassene dünne Steinplatten die Standorte der Häftlingsbaracke sowie anderer Bauten des ehemaligen Geländes des KZ Börnicke.

Die Schüler der Heinz Sielmann Oberschule Elstal gedenken der Opfer im KZ Börnicke mit einer Schweigeminute und durch das Niederlegen von Rosen neben das Denkmal.

Das Denkmal für Opfer im ehemaligen KZ Börnicke trägt die Aufschrift: „Die Toten mahnen“ und „Ehre ihrem Andenken“.

Der Eingang zum Besucherinformationszentrum der Gedenkstätte des ehemaligen KZ Sachsenhausen.

Am Lageplan erklärt Herr Dr. Mueller u.a., dass das KZ Sachsenhausen als gleichseitiges Dreieck angelegt war. Damit sollten die um den halbkreisförmigen Appellplatz herum angeordneten 68 Baracken vom Wachturm A durch ein einziges Maschinengewehr erreicht werden können, um Häftlinge bei der Flucht oder bei evtl. Revolten ungehindert erschießen zu können.

Der Eingang zum Lager KZ Sachsenhausen.

Das Eingangstor mit der zynischen Parole „Arbeit macht frei“.

Diese Betonwalze diente zu Planierungsarbeiten und musste von Häftlingen mit bloßer Körperkraft gezogen.

Auf der Schuhprüfstrecke mussten die Gefangenen über wechselnde Straßenbeläge bis zu 40 Kilometer marschieren, um den Verschleiß von Schuhsohlen für die Wehrmacht zu prüfen, die für die geplanten Eroberungs- und Vernichtungsfeldzüge zuverlässige und robuste Stiefel haben sollte.

Diese Stelle erinnert an den Galgen, der hier einst aufgebaut war. Bei Lagerverstoß oder aber, wenn Inhaftierte aus purer Willkür auf die Todesliste gesetzt wurden, hat man sie nicht schnell durch freien Fall an der Schlinge und den damit verbundenen Genickbruch erhängt. Denn selbst ein schneller, scheinbar relativ schmerzloser Tod sollte den Häftlingen verwehrt bleiben. Zur Abschreckung brachten die KZ-Aufseher stattdessen verurteilte Gefangene z.B. durch das Wegziehen eines Podestes um, was ein langsames Erwürgen zur Folge hatte. Auch das Aufhängen an den Händen, welche hinter dem Rücken positioniert wurden, war eine schreckliche Folter- und Tötungspraxis, bei der ein Verurteilter auf diese Weise mehrere Tage hing, ehe der Tod eintraf.

Blick auf den Wachturm E.

Symbolische Kennzeichnung der Barackengrundrisse mit Bildern und Texten ehemaliger Gefangener.

Die Genickschussanlage des KZ Sachsenhausen.

Am Denkmal für die Opfer des KZ Sachsenhausen legen die Klassensprecherin Lisa Bettin und den Vorsitzenden der Konferenz der Schüler Christopher Fuchs (beide 10a) gemeinsam mit Herrn Dr. Mueller einen Kranz nieder, ...

... um gemeinsam mit Klassensprechern sowie anwesenden Schülern an die Ermordeten zu  erinnern. Das Denkmal für die Opfer des KZ Sachsenhausen steht neben dem ehemaligen Krematorium und der Gaskammer der Station Z.

Die Krematoriumsöfen wurden bei einer Sprengung 1953 beschädigt.

Die Station Z umfasste das 1942 erbaute Krematorium mit vier Verbrennungsöfen, ...

... einer Gaskammer und der Genickschussanlage.

Das Mahnmal der Nationalen Mahn- und Gedenkstätte mit dem ehemaligen Erschießungsgraben im Vordergrund erinnert an die Toten und Gefolterten des KZ Sachsenhausen.

Toiletten, ...

... Waschraum, ...

... Tagesraum und ...

... Bettraum mit Dreistockbetten in der erhaltenen Häftlingsbaracke 39. Die Baracken waren für 150 Häftlinge ausgelegt und symmetrisch in einem Halbkreis zum Appellplatz ausgerichtet. Nach der Reichsprogromnacht 1938 erhöhte sich Anzahl der eingelieferten Häftlinge, sodass in einer Baracke bis zu 500 Menschen schlafen mussten.

Im September 1992 wurde bei einem antisemitisch motivierten Brandanschlag ein Flügel der Baracke 38 zerstört und weitere Gebäudeteile beschädigt. 1996/97 entstand ein Museumsneubau anstelle des zerstörten Barackenflügels. Die beschädigte Baracke 39 wurde hingegen denkmalgerecht saniert. Die Brandspuren an der Decke wurden hierbei bewusst für die Nachwelt konserviert. Es zeigt sich, dass Aufklärung und gelebte Erinnerung an die Opfer der NS-Zeit immer wieder an kommende Generationen vermittelt werden müssen.

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