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Die Elstaler Schule im Wandel der Zeiten

Wenn es ein herausragendes Leitmotiv im Bestehen der Elstaler Schule geben sollte, dann das, dass diese Schule seit ihrer Erbauung immer unter Raumnot gelitten hatte.

Im Rahmen eines Siedlungsprojektes der Deutschen Reichsbahn wurde die Kolonie Elstal 1919 erbaut und in eben diesem Rahmen wurde die Elstaler Schule als Grundschule im Jahre 1921 fertig gestellt. Im Winterhalbjahr wurde mit dem Unterricht begonnen. Sehr schnell zeigte sich, dass die Schule für die Siedler in der "Kolonie Elstal", alles Beschäftigte bei der Reichsbahn, zu klein wurde. Es entstand eine ständige Auseinandersetzung mit der Provinzialverwaltung in Potsdam um mehr Lehrerstellen. Mit der Reichsbahndirektion, der Eigentümerin der Kolonie stritt man sich um die Bereitstellung eines angemessenen Raumes, in welchem beide Konfessionen, die Mehrheitskonfesssion der Protestanten und die Minderheit der Katholiken, ihren Gottesdienst abhalten konnten. Über ein Jahrzehnt diente deshalb der größte Unterrichtsraum der Schule als Betsaal für beide Konfessionen.

1928 wurde die Schule in die Verantwortung der neugegründeten Gemeinde Elstal übergeben. Im selben Jahr wurde mit dem Neubau einer Turnhalle in direkter Nachbarschaft des Schulgebäudes begonnen. Nach 1933 bis 1939 wurden um Elstal zahlreiche neue Wohnblocks für Angehörige der Wehrmacht errichtet. Die schulpflichtigen Kinder sollten in der Elstaler Grundschule Aufnahme finden, was logischer Weise zu Kapazitätsproblemen geführt hatte. Schon 1928 wurde über eine Erweiterung der Schule debattiert, es wurden auch Pläne entworfen, kamen aber nicht zur Vollendung, nun wird 1937 über einen Erweiterungsbau erneut wieder nachgedacht. 1938 tummeln sich 381 Schüler in 5 Klassenräumen an der Schule und bis 1940 werden weitere 40 Schüler erwartet.

Es kam natürlich anders, woran der Ausbruch des 2.Weltkrieges schuldig ist. Die NS-Propaganda machte natürlich vor der Elstaler Schule nicht halt. Wenngleich sehr wenig Material über jene Zeit, was die Schule anbelangt, erhalten ist, so mag der folgende Ausschnitt aus der Havelländischen Rundschau vom 5. Mai 1936 ein Schlaglicht auf die Auswirkungen des Regimes werfen:

"Nach Mitteilung der Schulleitung kann bekannt gegeben werden, dass sämtliche Jungen und Mädchen der Elstaler Volksschule, die zehnjährig und darüber sind, der Hitlerjugend angehören."

Die Wohngebiete der Gemeinde Elstal blieben während des zweiten Weltkrieges weitgehend von Zerstörung verschont. Am 20.April 1945 zerstörten amerikanische Bomber innerhalb weniger Minuten den Rangierbahnhof, der in unmittelbarer Nähe der Gemeinde liegt. Die Zivilbevölkerung hatte unter diesem Angriff Gott sei Dank nicht zu leiden. Nach Kriegsende fand über längere Zeit kein Schulunterricht mehr statt. Das Gebäude war von der sowjetischen Besatzungsmacht beansprucht worden. Sämtliches Schul- und Unterrichtsmaterial befand sich auf der Straße und wurde zum Teil von einer weitblickenden Lehrerin wieder eingesammelt und geborgen. Ende 1945 wurde auf Initiative jener beherzten Lehrerin und eines entschlossenen Lehrers (Frau Hager und Herr Lindner) der Unterricht in weitgehend improvisierter Form an verschiedenen Stellen im Ort wieder aufgenommen.

1946 war jedoch für die Elstaler Schule ein schwarzes Jahr. Die 1928 erbaute Turnhalle, die über die Jahre auch als Kulturraum genutzt wurde, brannte nach einer Tanzveranstaltung bis auf die Grundmauern ab. Es wird Brandstiftung vermutet; die genaue Ursache wird heute wohl kaum ermittelt werden können. Die Auswirkung dieses Brandes waren fatal für den Sportunterricht: Während des Winters oder bei schlechten Witterungsverhältnissen musste der Unterricht entweder in den engen Fluren des Hauptgebäudes durchgeführt oder vollständig eingestellt werden. Ein Zustand, der sich über lange Jahre in dieser Weise fortsetzte und natürlich den laufenden Unterricht in den anderen Klassenräumen erheblich belastete.

In den frühen Fünfzigerjahren erfolgte der Ausbau der Mansarde des Hauptgebäudes, um Unterrichtsraum für zwei weitere Klassen zu gewinnen. Es entstanden zwei winzige Unterrichtsräume, in denen jedoch bis in die Mitte der Neunzigerjahre Gruppen bis zu 20 Schülern unterricht wurden. In den Jahren 1954/55 wurde ein Wiederaufbau der abgebrannten Turnhalle nebst einem Erweiterungsbau (Umkleideräume ) bis in die Planungsphase vorangetrieben, dann aber offensichtlich aus Kostengründen nicht realisiert.

Das Schulleben spielte sich über die Sechziger- bis in die frühen Siebziger Jahre zwischen mehreren örtlich weit voneinander getrennten Gebäuden ab. Die Schüler wurden im Hauptgebäude unterrichtet, nahmen ihre Schulspeisung beim weit entfernten Hort ein. Größere Schulveranstaltungen wie Jugendweihen wurden im ebenfalls entlegenen Eisenbahnerclubhaus durchgeführt. Endlich verbesserte sich die Unterrichtssituation für das Fach Sport beträchtlich, als 1968 das Olympiatheater, ein Kinosaal, zu einer provisorischen Turnhalle umgebaut wurde. Die Schüler konnten nach einem zehnminütigem Fußweg ihre Turnhalle erreichen und dort Sommers wie Winters Sportunterricht bekommen, der vormals in sehr beengten und schwer vorstellbaren Verhältnissen in den Fluren des Hauptgebäudes durchgeführt werden musste.

Da die Oberschule "neues Leben", ein Schulname, der die hoffnungsvolle Aufbruchsstimmung der frischgegründeten sozialistischen Republik wiederspiegelte, alle Klassen bis zum zehnten Jahrgang unter einem Dach vereinigen sollte, musste dringend weiterer Unterrichtsraum geschaffen werden. In den Jahren 1972 bis 1974 wurde außerhalb des Planes ein Initiativbau durch Eigenleistungen von zahlreichen Elstaler Bürgern, Schülern und Lehrern errichtet.Auf den Grundmauern der abgebrannten Turnhalle entstand ein eingeschossiges Gebäude, das einen Essensraum, eine Küche, einen Hortraum und zwei weitere Unterrichtsräume aufwies, so dass nun der Hortbetrieb an der Schule aufgenommen und die Klassen 9 und 10 am selben Ort unterrichtet werden konnten. Dieser Initiativbau muss als eine hervorragende Leistung der Gemeinde und ihrer Bürger verstanden werden. Stellt sie doch einen pädagogischen Idealfall dar, der ungeachtet der Tatsache, dass der Sozialismus als überwundenes Gesellschaftssytem betrachtet werden kann, auch für unsere heutige Gesellschaft als beispielhaft und vorbildlich bewertet werden muß. (Gemeinsinn und Eigeninitiative sind auch heute erstrebenswerte Tugenden.)

In den frühen Achtzigerjahren wurde mit der Einrichtung von Lehrkabinetten an der Elstaler Schule begonnen. Der große Unterrichtsraum, der seinerzeit in der Anfangsphase der Schule als Betsaal für Protestanten wie Katholiken genutzt wurde, später dann auch als Turnsaal diente, sollte nun Arbeitsplätze für den naturwissenschaftlichen Unterricht beherbergen. Der Raum 4, wie er nun genannt wird, wird in dieser Funktion bis in die Mitte der Neunziger Jahre genutzt.

Über alle Jahre hin haben die führenden Gemeindevertreter immer wieder bewiesen, dass schulische Unterweisung in ihrem Denken und Handeln große Priorität genießt. Im Rahmen der oft bescheidenen Möglichkeiten der Bürgermeister wurde die Schule stets unterstützt und gefördert. Diese Tendenz hielt sich über die Jahre der Wende hinaus bis zum heutigen Tag. In den späten Achtzigerjahre erkrankte die langjährige Schulleiterin, Frau Hampel. Unter ihrer Amtsführung hatten sich die wichtigen Veränderungen in den Siebziger- und Achtzigerjahren vollzogen. Ihre Erkrankung führte dazu, dass sie ihre Funktion aufgeben musste. Ihre Nachfolgerin wurde Frau Dr.Scharschmidt, unter deren Amtsführung sich die schwierige Entwicklung der Schule in der Nachwendezeit vollzog.

Die Wendezeit wurde von allen Lehrkräften als eine sehr anstrengende Umbruchsphase mit zum Teil widersprüchlichen Entwicklungen erlebt. Die Polytechnische Oberschule Elstal mit ihren 10 Klassen wurde zu einer Gesamtschule. Die 6 Klassen der Grundschule wurden an die Nachbarschule in Wustermark ausgegliedert. Die neue Gesamtschule sollte zweizügig bis zur Klasse 10 geführt werden. Mitte der Neunziger Jahre wurde eine Debatte über einen neuen Schulstandort geführt. Genährt wurde diese Debatte u.a. durch die Tatsache, dass das alte Hauptgebäude in weiten Teilen renovierungsbedürftig war (zum Beispiel die Umstellung der Heizung von Kohle auf Erdgas) und zum anderen durch die Erwartung der Gemeindeverwaltung, die infolge der zahlreichen Wohnungsneubauten im Bereich der Gemarkung Elstal auf einen verstärkten Zuzug aus Berlin hoffte. Im Sinne dieser Erwartung war leicht vorauszusehen, dass die vorhanden Raumkapazitäten der Schule nicht ausreichen würden, ganz zu schweigen vom Ausstattungsstandard der Unterrichtsräume. An einen kompletten Neubau der Schule war aufgrund der schwierigen Finanzsituation der jungen Amtsgemeinde nicht zu denken. Dennoch musste mehr Unterrichtsraum geschaffen werden. Zwei Unterrichtscontainer, die zusammen 4 Unterrichtsräume für jeweils 30 Schüler umfassen, wurden auf den grünen Schulhof der Elstaler Schule gestellt. Alle Beteiligten sind sich einig, dass es sich hierbei nur um eine vorläufige Lösung handeln kann, denn schon äußerlich passen sich die zwar zweckdienlichen aber dennoch architektonisch abweichenden Container nicht in das Ensemble ein.

Gegen Ende des letzten Jahrzehnts hatte die Gesamtschule Elstal zunehmend mit Imageproblemen zu kämpfen. Die Erwartungshaltung vieler Eltern und vor allem jener Eltern, die aus dem Berliner Raum ins Umland gezogen waren, hatte sich verändert. Oft war diesen Eltern die Funktion und Bedeutung einer Gesamtschule fremd. Sie erwarteten eine Schule, die möglichst berufsnah unterrichtet und darüber hinaus auch eine Option für das Abitur aufweist. Die Gesamtschule Elstal trat damit in Konkurrenz zu zahlreichen anderen Schulen im Kreis Havelland. In der Folge war der Bestand der Gesamtschule aufgrund des Nachlassens der Neuanmeldungen für die Jahrgangsstufe 7 zeitweise ernsthaft gefährdet. Auf Initiative der Schulleitung wurde über eine Neuorientierung der Schule nachgedacht. Die zahlreichen Beratungen führten dazu, dass die Lehrer gemeinsam mit den Eltern beschlossen, beim Schulträger für die Änderung der Schulform und für die Erhaltung des Schulstandortes Elstal einzutreten. Das Lehrerkollegium reagierte mit diesem Beschluss auf eine bildungspolitische Tendenz im Lande Brandenburg, die aufgrund der schlechten haushaltspolitischen Lage dazu führt, der Gesamtschule jede Chance zu berauben, ihren schultypischen Anspruch auf Förderung von schwachen Schülern zu erhalten und zu realisieren. Da die derzeitige Gesamtschule sich als nichts anderes darstellt als eine Restschule mit Hauptschulniveau und darunter, da auf bildungspolitischer Ebene keine nachhaltige Änderung zum Besseren erwartet werden kann, sieht das Kollegium sein Heil in der Änderung der Schulform, um auf diese Weise wenigstens die Ansprüche der Eltern an eine berufsnahe Schulbildung zweitgemäß befriedigen zu können.

Im Juni 2001 haben sich die Gemeindevertreter nach einer ausgiebigen und kontrovers geführten Debatte dazu entschlossen, der von der Schulleitung vorgetragenen Realschulkonzeption zuzustimmen. Da die Gemeindevertretung ein Interesse hat, das Überangebot an Wohnraum und Immobilien zu verwerten, musste sie auch daran interessiert sein, den Standtort der Amtsgemeinde durch eine attraktive und dem Wahlverhalten der neuen Bürger entsprechende Schule aufzuwerten. Vorbehaltlich der Zustimmung des brandenburgischen Ministerium für Bildung, Jugend und Sport könnte im Schuljahr 2002/2003 die ersten Realschüler an der Elstaler Schule aufgenommen werden. In dieser Umstellungsphase würden dann zwei verschiedene Schulformen unter einem Dach für die Dauer von mindestens 3 Jahren geführt werden müssen.

In den letzten vier Jahren wurde nun das Hauptgebäude der Schule gründlich renoviert. Allein in die Instandsetzung des Daches, der Fassade und für die Umstellung der Heizung wurden über 170.000DM eingesetzt. Im Hauptgebäude der Schule wurden die Mansardenräume zu einem einzigen Unterrichtsraum umgestaltet und beherbergen heute 16 Computerarbeitsplätze in sehr ansprechender Umgebung. Der historisch belastete Raum 4 ehemals Betsaal in den Zwanzigerjahren wurde zum Werkstattraum für das Fach Arbeitslehre. Im 1974 fertig gestellten Anbau der Schule entstanden zwei neue naturwissenschaftliche Arbeitsräume und seit 1999 sind alle Unterrichtsräume an der Schule neu gestaltet worden. Trotz aller Renovierungsleistungen, die die Gemeinde großzügig durchgeführt hatte, wird an einer Neubelebung der Debatte um einen Schulneu- oder Schulerweiterungsbau nicht herum zu kommen sein. Kurz vor der Wende waren Pläne für eine Erweiterung der Schule von der Gemeindevertretung bis zum Genehmigungsverfahren vorangetrieben worden. Nach der Wende interessierte sich niemand mehr für diese Pläne und seitdem schlummerten sie unbeachtet in den Kellerräumen unserer Schule. Da man das Rad nicht immer neu erfinden muss, sollte die kommende Planungskommission sich vielleicht mit den schon fix und fertig gezeichneten Bauplänen von 1989 vertraut machen.
(Stand September 2001)