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Aktivitäten 60. Jahrestag der Befreiung

Bestimmt wird jetzt ein Leser dieser Zeilen aufschreien: Das klingt ja richtig nach DDR-Jargon! Aber mit Verlaub lieber Leser! Hast Du den Film „Der Untergang“ schon mal richtig angesehen? Ja, dann wird dir bei dem Selbstzerstörungswillen unseres „Bruder Hitlers“ wohl klar geworden sein, dass das Kriegsende nichts anderes gewesen sein kann, als die Befreiung von einem zwölfjährigen Alptraum. Immer noch nicht überzeugt?

In Vorbereitung einer Veranstaltung, wo es um Befragung eines Zeitzeugen gehen sollte, führten die Klassenlehrer der beiden neunten Klassen, Herr Kinnigkeit und Herr Schmidt eine Exkursion zu der KZ-Gedenkstätte in Sachsenhausen durch.
Von Schülerseite wurde diese Aktion sehr begrüßt. Allgemein ist das Interesse an der NS-Geschichte sehr groß, wenn auch aus unterschiedlichen Motiven.
Am 28.04.05 starteten die beiden Klassen nach Oranienburg.
Wahrscheinlich erwarteten die Schüler eindrucksvollere Bilder als das, was sie dann ganz konkret in Sachsenhausen sehen konnten. Die leere Ödnis des riesigen Areals enttäuschte viele, die naiverweise Leichenberge und Leichenreste zu sehen hofften.
Am informativsten waren nach das alte Lagermuseum aus DDR-Zeiten und die beiden noch erhaltenen KZ-Baracken.
Am zentralen Memorial legten die beiden Klassen nach einer kurzen Ansprache Blumen nieder.
Es werden in der Zukunft noch sehr große Anstrengungen zu unternehmen sein, um den Besuch in der Gedenkstätte zu einem ergreifenden Erlebnis werden zu lassen. Mit Schrifttafeln, die die Schicksale von markanten NS –Opfern an der KZ-Mauer dokumentieren, ist es allemal nicht getan.


Am 12.05.2005 war Herr Stenzel als Zeitzeuge bei den 9.Klassen der Gesamtschule Elstal zu Gast. Diese Veranstaltung stand in der Reihe der Informationsveranstaltungen anlässlich des
Sechzigsten Jahrestages des Kriegsendes, eine Veranstaltung in die Kooperation mit dem Verein Historia Elstal e.V. durchgeführt wurde.

Herr Stenzel, 1915 in Leipzig geboren, war Mitglied im kommunistischen Jugendverband und geriet aufgrund seiner politischen Aktivitäten nach 1933 sehr schnell in das Fahndungsvisier der Geheimen Staatspolizei (Gestapo). Er wurde bald verhaftet und wurde in verschiedenen Zuchthäusern und Konzentrationslagern inhaftiert.
Da er ein qualifizierter Facharbeiter war und außerdem als politisch Aktiver über Organisationserfahrung verfügte, gelang es ihm, sich innerhalb der Mordmaschinerie der Arbeitslager zu behaupten. Zuletzt arbeitete er in einem Rüstungsbetrieb der DEMAG, die Teile für den Tigerpanzer in einem KZ-Außenlager in Falkensee fertigten.

Herr Stenzel hielt einen vierzigminütigen Vortrag. Er sprach langsam aber für sein hohes Lebensalter mit kraftvoller Stimme und vor allem sehr engagiert. Das faszinierte die jugendliche Zuhörerschaft. Er betonte vor allen Dingen, dass der Zusammenhalt und die Solidarität der Häftlinge untereinander die unabdingbare Voraussetzung zum Überleben im KZ darstellten. Er verzichtete auf effekthascherische Darstellungen von Gewaltexzessen durch die SS, genauso wenig verlor er sich in Darstellungen von Folterberichten.
Damit enttäuschte er allerdings sein jugendliches Publikum, das gerade auf derartige Berichte gewartet hatte. Herr Stenzel betonte, dass er sich durch solche Berichte nicht wichtig machen wolle. Es gehe ihm einfach darum darzustellen, dass die Solidarität, das gemeinsame Handeln und Vertrauen die Geheimwaffe gegen den Naziterror war. Die durch Solidarität erzielten Erfolge halfen ihm auch nach dem Krieg, die Schrecknisse der KZ-Zeit besser zu verarbeiten. Er sei kein KZ-Opfer, sondern ein Widerstandskämpfer im KZ gewesen, und seine Mithäftlinge und er hätten um das Leben jeden Häftlings gekämpft. Sie hatten viel gelitten und auch sehr viel Gewalt und Erniedrigung erfahren müssen, aber dennoch bewahrten sie sich ihre Würde, indem sie Handelnde blieben und den Widerstand gegen die SS organisierten.

 

G.Stängle
(Gesamtschullehrer)


Bilder vom Besuch der 9. Klassen
im ehemaligen Konzentrationslager Oranienburg-Sachsenhausen